Von 1989 bis 1994 war ich Student an der Fachhochschule Lübeck. Das dortige Holstentor ist vielen noch bekannt von der Rückseite des 50-Mark-Scheins. Auf der außen liegenden Seite des Tors steht die Inschrift: "CONCORDIA DOMI FORIS PAX". Zu Deutsch: "Eintracht zu Hause, Friede draußen".
Wie wichtig diese Worte sind, brauchen wir angesichts der heutigen Bandenkriege und Messerattacken bei uns zu Hause in Deutschland, sowie angesichts der Kriege draußen in der Ukraine und im Nahen Osten nicht zu diskutieren. Willy Brandt (SPD) sagte in einer Rede im November 1981 daher zurecht:
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Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts." |
Das Parteiprogramm der Genscher-FDP zur Bundestagswahl 1980 zeigt den damaligen Zeitgeist des Friedens, der uns heute dem Anschein nach völlig abhanden gekommen ist.
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Der Frieden ist die unabdingbare Voraussetzung für ein Leben in Freiheit und Menschenwürde. Für Liberale ist Friedenspolitik grundsätzlich Konfliktlösung in gewaltfreier Auseinandersetzung unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen." |
Auch ich verurteile den Angriffskrieg von Russland, will aber, wie die Mehrheit der Deutschen Bevölkerung, dass dieser so schnell wie möglich beendet wird:
Wir müssen verstehen, dass die NATO-Osterweiterung ab 1999 (entgegen der Zusagen der USA im Zuge des Zwei-plus-Vier-Vertrages von 1990) der originäre Grund für diesen heutigen Krieg ist.
Auch Hans-Dietrich Genscher (FDP) erklärte im Januar 1990 nicht umsonst:
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Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben. [..] Der Westen muss auch der Einsicht Rechnung tragen, dass der Wandel in Osteuropa und der deutsche Vereinigungsprozess nicht zu einer Beeinträchtigung der sowjetischen Sicherheitsinteressen führen dürfen." |
Genauso wenig wie 1962 die UdSSR Atomraketen auf Kuba stationieren durfte, darf die NATO heute nicht immer weiter an Russland heranrücken. Leider setzen diesbezüglich die gesamten Konsens-Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne - entgegen der Mehrheitsmeinung in unserem Land - auf eine weitere Konfrontation mit Russland. Der Vertreter unseres Wahlkreises Roderich Kiesewetter (CDU) äußerte sich martialisch auf Instagram und Facebook nach der Wahl von Donald Trump wie folgt:
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Europa braucht endlich eine gemeinsame Stimme und muss mehr für Sicherheit leisten. Dafür braucht es 'all-in' bei der Unterstützung der Ukraine und eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben." |
Am 12.11.2024 folgt auf Instagram folgende Meinungsäußerung von Kiesewetter:
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Für die Bedrohungslage für Deutschland reicht Verteidigungsbereitschaft nicht mehr, es braucht Kriegstüchtigkeit [..] um eine Gesamtverteidigung zu ermöglichen." |
Ich frage Sie: Ist es nicht genau die militärische Unterstützung der Ukraine, die diese Bedrohungslage für uns in Deutschland überhaupt erst geschaffen hat? Und: Kann diese Bedrohung verringert werden, indem wir unsere Militärausgaben - Zitat Kiesewetter - "massiv" erhöhen und "all-in" gehen?
Meine Lebenserfahrung und mein gesunder Menschenverstand sagen mir, dass dies nicht der Fall ist: Genauso wenig wie mehr Autos mehr Sicherheit im Straßenverkehr bedeuten, bedeuten mehr Waffen auch mehr geopolitische Sicherheit.
Eine weitere massive Befeuerung dieses Krieges birgt nicht weniger in sich, als die Gefahr einer Eskalation zum 3. Weltkrieg auf europäischem Boden. Die Sicherheit Europas muss genauso wenig in der Ukraine verteidigt werden, wie sie vor 20 Jahren am Hindukusch verteidigt werden musste.
Eine aktuelle Studie des US-Meinungsforschungsinstitutes Gallup (Nov. 2024) zeigt zudem, dass die Mehrheit der Ukrainer mittlerweile für Verhandlungen und für eine möglichst schnelle Beendigung des Krieges ist.
Ich kann der immer wieder zitierten These, dass Russland nach einem gewonnen Krieg in der Ukraine als nächstes die NATO angreifen würde, nicht folgen. Russland weiß genau, dass es gegen eine NATO, die jedes Jahr ca. 14x mehr in die Rüstung investiert (1.500 Milliarden versus 110 Mrd. US$) und fast 4x so viele Soldaten unter Waffen hält, mit konventionellen militärischen Mitteln keine Chance hätte.
Und welchen geopolitischen Nutzen hätte Russland? Land und Rohstoffe hat man selbst mehr als genug. Für beide Seiten macht es weitaus mehr Sinn, z. B. die beiden zerstörten Nord Stream Pipelines wieder instand zu setzen, und in Frieden neuerliche wirtschaftliche Beziehungen in Eurasien aufzubauen. Ich möchte mich hierfür zum Wohle unseres Landes und unserer Menschen einsetzen.
Nur wenn die Ukraine ein letzter neutraler Pufferstaat zwischen Russland und der NATO bleibt, können wir auch die kommenden Jahrzehnte in Frieden und Freiheit leben. Nicht umsonst legt uns unser Grundgesetz bereits in der Präambel (und im Artikel 1) eine Pflicht zum Frieden auf:
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Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben." |
Es reicht nicht wie jüngst geschehen, das Grundgesetz an runden Jahrestagen zu feiern, man sollte es auch beachten.
Zudem: Die ca. 1,2 Mio. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, denen Deutschland derzeit Schutz bietet, könnten in ihre Heimat zurückkehren und
unsere Sozialkassen wieder entlasten.
Die Ukrainische Bevölkerung selbst wünscht mittlerweile mehrheitlich Verhandlungen und eine schnellstmögliche Beendigung des Krieges (Gallup-Umfrage vom November 2024). Daher:
Eine weitere massive Befeuerung dieses Krieges birgt nicht weniger in sich, als die Gefahr einer Eskalation zum 3. Weltkrieg auf europäischem Boden.
Ich kann der immer wieder zitierten und unbeweisbaren These, dass Russland nach einem gewonnen Krieg in der Ukraine als nächstes die NATO angreifen würde, nicht folgen.
Die Ukraine muss ein letzter neutraler Pufferstaat zwischen Russland und der NATO bleiben, um die Sicherheitsinteressen von Russland zu gewährleisten. Was die UdSSR 1962 auf Kuba nicht durfte, darf der Westen nun auch nicht in der Ukraine.